Reisebericht



Untersuchungsgefängnis Hohenschönhausen





Vor dem Besuch des Stasi-Gefängnisses waren wir alle noch gut gelaunt, was sich allerdings während der Führung änderte.


Zu Beginn wurde uns zuerst ein kurzer Film gezeigt, um uns in die Thematik einzuführen. Danach war bereits zu bemerken, dass die Gruppe schon ruhiger geworden war, dies wirkte sich auf den Besuch des „U-Boots“ aus, denn dort ist es immer noch sehr kalt und feucht. Es war für uns nur schwer vorstellbar, dass man dort früher für längere Zeit gefangen gehalten wurde.




Als nächstes hatten wir die Gelegenheit eine schalldichte Zelle zu betreten, die von dem Neurologen und Psychiater Dr. Horst Böttger konzipiert wurde. Dieser hatte die Aufgabe, dem Gefangenen ein Gefühl von Machtlosigkeit und Orientierungslosigkeit zu vermitteln. Obwohl wir nur für kurze Zeit im Eingangsbereich der Zelle standen, bekamen wir trotzdem ein sehr beklemmendes Gefühl. Spätestens nach diesem Einblick in den Häftlingsalltag war die Gruppe ganz ruhig und man merkte, wie sehr jeder nachdenklich gestimmt war.


Im Anschluss wurden uns noch ein paar Zellen und Vernehmungszimmer des Neubaus gezeigt. Währenddessen wurden uns weitere grausame Methoden der Stasi erklärt.




Die Führung wurde dann im Tigerkäfig beendet. Unser Führer war zwar kein ehemaliger Inhaftierter, hatte sich jedoch intensiv mit der Geschichte des Stasi-Gefängnisses auseinandergesetzt und war so trotzdem in der Lage alles sehr lebhaft zu erzählen. Selbst nach Ende der Führung waren wir alle noch lange Zeit sehr still und nachdenklich.

Der Besuch im Stasi-Untersuchungsgefängnis war für uns alle wirklich sehr beeindruckend und beängstigend zugleich. Es wurde uns aber auch bewusst, welch ein Privileg es ist, in einer Demokratie zu leben, in der Menschenrechte geachtet werden.






Geschichtlicher Hintergrund:


Das Ministerium für Staatssicherheit („Stasi“) war von 1949 bis 1989 der Inlands- und Auslandsgeheimdienst der DDR. Die Stasi hatte sowohl polizeiliche als auch staatsanwaltschaftliche Befugnisse und konnte somit Ermittlungsverfahren eröffnen, aber auch Verhaftungen vornehmen. Zudem hatte sie Zugriff auf alle staatlichen Institutionen, wodurch eine lückenlose Kontrolle ermöglicht wurde. Die Aufgabe der Stasi war es, den Widerstand gegen die Alleinherrschaft der SED auszuschalten, weswegen sie sich auch als „Schild und Schwert“ der Partei sah.

Ab 1949 wurden vermutlich zwischen 200.000 und 250.000 Menschen von der Stasi inhaftiert, diese Häftlinge wurden u.a. im Stasi-Untersuchungsgefängnis Hohenschönhausen festgehalten.

Im Mai 1945 wurde das Gebäude von den Sowjets übernommen und zum Untersuchungsgefängnis umfunktioniert. Da es sich im Keller einer ehemaligen Großküche befand und die fensterlosen Zellen nur feucht-kalte, bunkerartige Kammern waren, wurde dieser Gefängnistrakt auch als U-Boot bezeichnet.

Die Insassen wurden mit zahlreichen Verhören, tagelangem Arrest, Schlafentzug, stundenlangem Stehen und sogar mit dem Aufenthalt in sogenannten Wasserzellen gefoltert. Zudem kam es auch nicht selten vor, dass die weiblichen Häftlinge vergewaltigt wurden. Unter den Sowjets wurden hauptsächlich NS-Verdächtige - sogar Frauen und Jugendliche – (auch wenn die meisten mit dem NS-Regime nur wenig zu tun hatten), politische Widersacher wie Vertreter der anderen Parteien, aber auch Exil-Russen festgehalten. Unter der Stasi hingegen waren es größtenteils Gegner des SED-Regimes, unter denen sich auch westdeutsche SED-Kritiker befanden.

Die Stasi übernahm das Untersuchungsgefängnis 1951. Ende der 1950er Jahre wurde ein Neubau mit 200 Zellen durch die Häftlinge erbaut.

In den 1960er wurden die traditionellen physischen Foltermethoden der Sowjets durch psychologische Methoden, welche von Professoren und Ärzten mitentwickelt wurden, abgelöst. So blieb für die Gefangenen ihr Aufenthaltsort unklar und durch die enorme Isolation von der Außenwelt und die zahlreichen Verhöre bekamen sie das Gefühl, einem allmächtigen Staat ausgeliefert zu sein.

Auf dem Gelände befand sich außerdem ein Haftkrankenhaus, dessen Personal auch ausschließlich aus Stasi-Mitarbeitern bestand. Die Ermittlungs- und Haftabteilung hatte auf dem Gelände in Hohenschönhausen ebenso ihren Sitz. Das Gelände war jedoch als militärischer Sperrbezirk deklariert, von dem nach außen hin nur Blechtore, Wachtürme, Überwachungskameras und bewaffnete Sicherungskräfte sichtbar waren. Auf Stadtplänen wurde das ganze Gelände als Leerfläche gekennzeichnet, sodass das Untersuchungsgefängnis nach außen hin nicht existierte.

Mit der Wiedervereinigung von Ost- und Westdeutschland wurde auch das Stasi-Untersuchungsgefängnis geschlossen. Seit 1994 ist das Untersuchungsgefängnis eine Gedenkstätte und bietet Führungen an, die meist von ehemaligen Inhaftierten geführt werden.





Die ehemalige Haftanstalt ist mit folgenden öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen:

Mit der M5 (Richtung Zingster Straße) ab Alexanderplatz oder Landsberger Allee bis zur Haltestelle Freienwalder Straße. Anschließend zu Fuß durch die Freienwalder Straße (ca. 10 min.)

Mit der M6 (Richtung Riesaer Straße) ab Hackescher Markt oder Alexanderplatz bist zur Haltestellt Genslerstraße. Anschließend zu Fuß entlang des Hotel Kolumbus auf der linken Seite (ca. 10 min.)

Mit der Tram 16 (Richtung Ahrensfelde) ab Frankfurter Allee bis Haltestelle Genslerstraße.

Mit der Buslinie 256 ab Berlin Lichtenberg bis Haltestelle Liebenwalder Straße/ Genslerstraße. Anschließend zu Fuß am Hotel Kolumbus vorbei (ca. 5 min.)